Die Imkerei wird immer beliebter und viele verbinden damit eine romantische Vorstellung vom eigenem Honig, Naturschutz und wenig Arbeit. Ein kleines Völkchen im Garten und die Bienen lieber in Ruhe lassen, dann wird das schon…
Leider ist die Realität nicht ganz so romantisch und ein paar Sachen sollte man wissen bevor die Realität einen im Imkerkurs so langsam beschleicht.
- 1) Mythos kleines Völkchen im Garten
Ein gesundes Bienenvolk hat im Sommer bis zu 60000 Bienen, und die haben einiges an Flugverkehr, in der Einflugschneise sitzt man nicht gemütlich auf der Terrasse und spielt auch definitiv keinen Fußball.
Sobald man sich mit der Imkerei beschäftigt merkt man schnell, dass man mit einem Volk alleine nicht wirklich arbeiten kann, zwei Völker sind daher das Minimum.
- 2) Hoher Platzbedarf
Auch wenn der Bienenstock das ganze Jahr draussen steht braucht man sehr viel Platz für die Beuten, die nur im der Hauptsaison genutzt werden (Honigraumbeute, zweiter Brutraum, Ablegerkasten, weiterer Imkereibedarf, Honigschleuder,…). Hierfür sollte man laut Lehrbuch min. ca 6m2 Stauraum in einem trockenen Raum rechnen.
- 3) Zeitaufwand
Ein geübter Imker braucht nicht viel Zeit für jedes seiner Völker, ein paar Handgriffe, ein geschulter Blick und er weiss wie es den Bienen geht und was zu tun ist. Bis man dahin kommt dauert es aber einige Jahre. Als Neuimker dauert es viel, viel länger. Das grössere Problem ist aber, dass man nicht immer zu den Bienen gehen kann. Ideal ist der wärmste und sonnigste Teil des Tages, also mittags, weil dann nicht alle Bienen zu Hause sind. Genau dann, wenn die meisten von uns arbeiten. Man sollte nicht zu den Bienen wenn es regnet, stürmt oder kalt ist, man ist als Imker mit seinen Tätigkeiten sehr wetterabhängig und muss im Frühjahr die sonnige Freizeit hierfür nutzen.
Das Imkerjahr findet von März bis Juni statt. In der Zeit muss man jede Woche jedes Volk durchsehen und viele andere Tätigkeiten durchführen. In dieser Zeit kann der Imker weder seinen Jahresurlaub nehmen noch sollte er sonst so viel beschäftigt sein, dass für Bienen keine Zeit ist.
- 4) Varroabehandlung
Die Honigbiene leidet sehr unter dem Befall der Varroamilbe. Ohne Behandlung gehen die Völker in der Regel ein. Als Imker sind wir gezwungen hier sehr unbeliebte Massnahmen mit verschiedenen Säuren durchzuführen.
- 5) Kosten
Der Einstig in die Imkerei ist alles andere als günstig. Eine Grundausstattung schlägt schnell mit bis zu 1000€ zu buche, eine Honigschleuder kostet zusätzliche 600€. Die eigentlichen Betriebskosten sind im Anschluss leicht mit den Erlös des Honigverkaufs abgedeckt.
- 6) Honig macht Arbeit
Es gibt Jahre in denen man sehr viel mehr Honig erntet als man in einem überschaubaren Zeitraum selber verwerten kann. 30-40kg pro Volk sind keine Seltenheit, bei zwei Völkern kann die Menge an Honig bereits einen erheblichen Arbeitsaufwand darstellen. Der Honig muss geschleudert werden, gefiltert, in Eimer und später in Gläser abgefüllt werden. Er muss etikettiert, und dann vermarktet werden. Honig ist ein Lebensmittel, es bedarf pflichtbewussten und sauberen Umgang damit, den lernt man im sogenannten „Honiglehrgang“.
- 7) Imkerei und Naturschutz
Wir Imker nutzen Bienen zur Nahrungsmittelproduktion. Wir lieben die Bienen, kümmern uns um sie, lindern ihre Krankheiten/ Parasitenbefall, und füttern sie wenn nötig. Wir überlegen wie man sie am besten hält und welche Massnahmen am wenigsten invasiv sind. Aber es sind Nutztiere und durch verschiedene Umweltbedingungen heute in der Regel nicht mehr ohne Imker überlebensfähig.
Imkerei hat nur indirekt mit aktivem Naturschutz zu tun. Als Imker hat man ein gesteigertes Interesse an Blühflächen und beobachtet die Natur bewusster. Für die Wildbienen und Wildblumen hat man aber alleine dadurch noch lange nichts getan.
- 8) Es gibt keine easy-bee für eine box
Es gibt inzwischen viele innovative Ideen wie man Bienen wesensgemässer, rückenschonender, varroafreier, extensiver,….. halten kann. Der Imkerverein Linz-Unkel beschäftigt sich gerne mit jeder neuen Idee und ist weit davon entfernt irgendwas kategorisch abzulehnen. Bevor man sich aber eine easy- bee -box anschafft, irgendwas nachbaut oder sonst einem Versprechen aufsitzt sollte man sich mit Bienen beschäftigen. Wir würden euch bitten: sprecht uns an, kommt in den Kurs, kommt zum Stammtisch, hört euch andere Stimmen an. Bienen sind nicht „einfach“, ein Bienenvolk ist ein hochkomplexer Organismus der noch lange nicht alle seine Geheimnisse preis gegeben hat. Jeder Besuch bei den Bienen kann sehr viel Freude und neue Fragezeichen hervorbringen, auch nach vielen Jahren noch.
Wir freuen uns sehr, wenn alle diese Punkte euch nicht abschrecken und ihr weiterhin Interesse an der Imkerei findet.
Ach ja, Imker werden gestochen, siehe Bild, auch ins Gesicht, was hilft? Bienenstich essen ;-)
Sabina